Haut: Unser größtes Organ

Haut: Unser größtes Organ
Haut: Unser größtes Organ
 
Die Haut ist mit 1,5 bis 1,8 m2 unser größtes und mit etwa 16 Prozent des Körpergewichts bei normalgewichtigen Menschen auch unser schwerstes Organ. Sie gewährleistet den Schutz vor mechanischen Einflüssen. Die äußerste Schicht der Haut ist die Oberhaut, die aus der mehrschichtigen Hornhaut aufgebaut ist, unter der die Lederhaut und darunter schließlich die Unterhaut liegt. Die Hornhaut besteht aus abgestorbenen, wasserarmen Zellen, die reich an der Hornsubstanz Keratin sind, einem druck- und zugfesten Protein. Sie ist an den verschiedenen Körperteilen, abhängig von der mechanischen Beanspruchung, sehr unterschiedlich dick. An besonders geschützten Körperpartien, zum Beispiel der Bauchhaut, ist sie nur wenige hundertstel Millimeter dünn und erreicht in der Fersenregion der Fußsohle mit etwa drei Millimetern ihre größte Stärke.
 
An den meisten Körperpartien ist die Oberhaut durch winzige Fältchen in kleine Felder eingeteilt. Diese Felderhaut ist am ganzen Körper, allerdings sehr unterschiedlich stark, behaart. Sonderfälle sind lediglich die Lippen und kleine Bereiche der Haut an den Fortpflanzungsorganen, so an der Spitze des Penis und der Klitoris. In weiten Bereichen der Oberfläche übernehmen die Haare des weitgehend nackt erscheinenden menschlichen Körpers jedoch keine mechanischen Funktionen mehr. Nur auf dem Kopf können die Haare die darunter liegenden Hautschichten vor mechanischen und anderen Einflüssen schützen.
 
An den Handinnenseiten und an der Fußsohle besitzt die Haut Papillarleisten. Die Muster dieser Leistenhaut entsprechen in etwa dem statistischen Auftreten von Richtungen und Stärken der auf die Hautoberfläche einwirkenden Kräfte. Durch die mechanische Beanspruchung werden die obersten Schichten der Hornhaut allmählich abgerieben. Die abgeschilferten toten Zellen müssen daher ständig durch Zellteilungen in der Keimschicht der Oberhaut ersetzt werden. Diese Zellmauser dauert etwa einen Monat.
 
 Mechanische Schutzfunktionen der Oberhaut
 
Bei stereotyper Belastung, etwa bei ungewohnter, harter Handarbeit oder drückenden Schuhen, kann in der Stachelzellschicht der Oberhaut Wasser zwischen die Zellen austreten. Eine Blase ist die Folge. Während die Schicht der Keimzellen in der Regel unversehrt bleibt und durch Zellteilungen gesunde Haut nachliefern kann, bildet das Wasser der Blase zwischen den Zellen der Oberhaut eine gewisse Zeit lang ein schützendes Druckpolster. Lässt die Überbeanspruchung nach, kann das Wasser der Blase langsam wieder resorbiert werden, und die ausgetrocknete Blase wächst in den kommenden gut drei Wochen langsam aus. Ohne die Blase würden die Keimschicht und die darunter liegenden Schichten leichter geschädigt.
 
Erst bei tiefer greifenden Verletzungen der Haut kann es zu Blutblasen kommen. Die Schicht der teilungsaktiven Basalzellen sitzt fest verankert der Basalmembran auf, welche die Oberhaut (Epidermis) von der Lederhaut (Dermis) trennt. Sie muss in starkem Maße stoffdurchlässig sein, schon allein um die Ernährung der Keimschicht in der Oberhaut zu gewährleisten, die überall frei von Blutgefäßen ist. Die Basalmembran besteht zum größten Teil aus kollagenen, zugfesten Fasern, die für eine feste Verknüpfung der Oberhaut mit der Lederhaut sorgen.
 
Das zellige Gewebe und das Gerüst von extrazellulären Fasern geben der Lederhaut ihre Stabilität und stellen beim Nachlassen einwirkender Kräfte die glatte, entspannte Hautoberfläche wieder her. Wichtig sind auch die in der Unterhaut (Subcutis) eingelagerten Fettpolster. Neben ihren Funktionen als Energiespeicher und zur Wärmeisolation, nehmen sie an besonders beanspruchten Stellen als Baufett auch äußeren Druck auf und schützen so den Körper.
 
 Eine hochwirksame Barriere
 
Zwar ist unsere Haut beileibe kein Panzer, aber sie verhindert einen zu großen und unkontrollierten Stoffaustausch mit der Umwelt. Eine wichtige Funktion ist der Verdunstungsschutz. Wenn ein Mensch große Hautareale durch eine großflächige Verbrennung verloren hat, kann das lebensbedrohlich werden. Die eigentliche Todesursache liegt in einem solchen Fall an dem Wasserverlust, verbunden mit dem Verlust von Proteinen und lebensnotwendigen Salzen über die auslaufende Körperflüssigkeit.
 
Die gesunde Haut verfügt über einen den Körper schützenden Film von Feuchtigkeit und Fett, den außer bei erhöhter Umgebungstemperatur nicht oder kaum wahrnehmbaren Schweiß und den Talg. Beide entstammen speziellen Drüsen, den Talgdrüsen und den Schweißdrüsen, die in der Lederhaut liegen. Diese sauren Sekrete bieten einen gewissen Schutz gegen Bakterien, da sie mit einem pH-Wert von vier bis sechs den Säureschutzmantel der Körperoberfläche bilden. Wie wichtig und effektiv dieser Infektionsschutz ist, erkennt man daran, dass sich an Stellen, wo der Säureschutzmantel fehlt (beispielsweise in der behaarten Achselhöhle), ein Schweißdrüsenabszess bilden kann.
 
Für Wasser ist die Haut praktisch undurchlässig. Nur an den Händen und den Fußsohlen quillt die Hornhaut nach einer gewissen Einwirkungszeit, aber selbst stundenlanges Schwimmen führt zu keinem nennenswerten Wasseraustausch zwischen dem Körper und dem Umgebungswasser. Weder die abgestorbenen Zellen selbst noch der Raum zwischen ihnen steht hierfür zur Verfügung.
 
Mit ihrer Undurchlässigkeit schützt die Haut auch gegen chemische Einflüsse. Gegenüber Säuren und Laugen in Konzentrationen, wie sie in der Natur häufig vorkommen, bietet die Haut einen hervorragenden Schutz. Gegen technisch hergestellte konzentrierte Säuren und Laugen bietet die Haut dagegen keinen Schutz mehr, wobei Laugen noch gefährlicher sind als Säuren. Wenn auch in geringem Maße, so ist Haut für Fette und auch für andere fettlösliche Stoffe etwas durchlässig. Hautcremes und medizinische Salben können nur deshalb ihre Wirkung erzielen wie leider auch fettlösliche Insektizide, bei denen es gelegentlich über Hauteinwirkungen zu tödlich verlaufenden Unfällen kommen kann.
 
 Kühlaggregat und Wärmedecke
 
Einen weiteren Schutz bietet die Haut bei der Regulierung der Körpertemperatur. Haut ist ein denkbar schlechter Wärmeleiter. Darüber hinaus wird die Wärmeabgabe bei Kälte auch durch eine verminderte Hautdurchblutung erreicht, was sich in einer Blässe der Haut bemerkbar macht. Hierfür ist die Haut das wichtigste Organ. Eine weitere, jedoch kaum mehr wirksame Schutzfunktion ist jene der Aufrichtung der Körperhaare bei Unterkühlung. Sie vermag bei Felltieren den isolierenden Luftraum im Pelz zu vergrößern, während die Gänsehaut beim Menschen eine weitgehend zwecklose stammesgeschichtliche Reminiszenz an unsere haarige Vorfahrenschaft ist.
 
Zusätzlich isoliert die Fettschicht der Unterhaut vor Wärmeverlust. Wie bei anderen, weit außerhalb der Norm liegenden, überstarken Reizen auch, wird bei lang andauernder, gefährlich starker Unterkühlung nicht mehr die Empfindungsqualität »Kälte«, sondern die Qualität »Schmerz« vom Gehirn generiert. Bei in der Regel langsam einwirkenden Gefahren wie einem Kältereiz genügt es, wenn der Körper ihn erst bei unmittelbarer Einwirkung erkennt. Bevor kaltes Wasser dem Körper gefährlich wird, spüren wir einen starken Drang, das Wasser zu verlassen.
 
Das Hautorgan schützt uns auch vor Überhitzung des Körpers bei starker körperlicher Muskelarbeit und Hitze. Das ist an dünnen Hautpartien durch eine reflektorisch verstärkte Durchblutung der Lederhaut und somit gesteigerte Wärmeabgabe möglich. Darüberhinaus werden die Schweißdrüsen aktiviert, wobei die Verdunstung des Wassers im Schweiß zur Kühlung des Körpers führt. Hierbei haushaltet der Körper sehr mit seinen im Körperinnern vorhandenen Salzen. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung ist Schweiß nämlich salzarm. Der salzige Geschmack der Schweißtropfen entsteht erst, wenn ein Teil der Flüssigkeit verdunstet ist und der Schweiß daher eindickt. Bei extremen Sportleistungen ist der Wasserverlust des Körpers höher als der Salzverlust, für deren Ersatz in aller Regel ganz normale Nahrung und Getränke völlig ausreichen.
 
 Die Haut als Sonnenschirm
 
Schließlich schützt die Haut den Körper auch vor eintreffender Strahlung. Während die infrarote, langwellige Wärmestrahlung der Sonne meist als angenehm empfunden wird und die Wärmeproduktion des Körpers auch tatsächlich entlasten kann, ist der kurzwellige, ultraviolette Anteil der Sonnenstrahlung nicht immer von Vorteil. Auf der Haut wirkt er in gewissem Umfang keimreduzierend, in der Haut kann er jedoch die Zellen der Keimschicht schädigen. Bei anhaltend intensiver Sonnenstrahlung schützt sich die Haut durch vermehrte Bildung von Melanin-Pigmenten. Sonnenbräune hat also eine Schutzfunktion.
 
Die Strahlung regt die Basalzellen der Oberhaut außerdem zu häufigeren Zellteilungen an. Die sonnengebräunte Haut ist daher dicker und weniger durchlässig für die Strahlung und somit gegen hierdurch verursachte Verbrennungen besser geschützt. Eine Begleiterscheinung ist zwangsläufig die Zunahme von Falten.
 
Ein Nachteil der starken Bestrahlung ist, dass ausgerechnet die Pigmentzellen (Melanozyten), welche die Haut vor zu starker Einstrahlung schützen, durch den ultravioletten Anteil des Sonnenlichts in ihrer Erbsubstanz geschädigt werden können. Diese mutagene Wirkung der Sonnenstrahlung kann zum schwarzen Hautkrebs oder Melanom führen. Für diese besonders aggressive Form des Krebses, die auch heute noch oft tödlich verläuft, sind besonders hellhäutige Menschen und Menschen rötlicher Komplexion, beispielsweise sommersprossige Menschen, veranlagt. Eltern solcher Kinder sollten besonders darauf achten, dass jene keinen starken Sonnenbrand erleiden, denn dieser erhöht im Erwachsenenalter das Melanomrisiko erheblich. Die ursprüngliche Bevölkerung in Ländern mit starker Sonneneinstrahlung ist zum Schutz vor Strahlenschäden dunkelhäutig, in Afrika und Südindien ebenso wie in Australien und anderen sonnenreichen Ländern.
 
Prof. Dr. Carsten Niemitz, Berlin
 
Weiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:
 
Immunsystem: Intelligenter Widerstand

Universal-Lexikon. 2012.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Haut — Fell; Pelz; Pelle (umgangssprachlich); Wursthaut * * * Haut [hau̮t], die; , Häute [ hɔy̮tə]: 1. aus mehreren Schichten bestehendes Gewebe, das den Körper eines Menschen oder eines Tieres schützend umgibt: eine zarte, glatte, rosige, weiche,… …   Universal-Lexikon

  • Organ — Exekutive; (wirkende) Kraft; Körperteil * * * Or|gan [ɔr ga:n], das; s, e: 1. jeweils ein in sich geschlossenes selbstständiges System darstellender Teil des menschlichen und tierischen Körpers, der eine bestimmte Aufgabe erfüllt: die inneren… …   Universal-Lexikon

  • Hautkrebs — Haut|krebs 〈m. 1; unz.; Med.〉 Krebs der Haut * * * Haut|krebs, der: bösartige Wucherung der Haut. * * * Hautkrebs,   Hautkarzinom, zusammenfassende Bezeichnung für bösartige Wucherungen der Haut. Die Einteilung richtet sich nach Entstehung und… …   Universal-Lexikon

  • Regelkreise im menschlichen Körper —   Fast alle Lebensfunktionen des menschlichen Körpers bedürfen einer außerordentlich feinen Abstimmung, sowohl mit der Außenwelt als auch im Körper selbst. Hunger und Durst sowie deren Befriedigung gehören als Grundlage vieler weiterer Leistungen …   Universal-Lexikon

  • Melanom — Geschwulstbildungen der Haut * * * Me|la|nom 〈n. 11; Med.〉 dunkle, meist bösartige Geschwulst der Haut od. der Schleimhaut, die von den Pigment bildenden Zellen ausgeht [zu grch. melas „schwarz“] * * * Me|la|nom, das; s, e (Med.): braune bis… …   Universal-Lexikon

  • Stress: Alarm im Körper —   Wann immer mögliche oder wirkliche Gefahren wahrgenommen oder auch nur vermutet werden, aktiviert der Körper ein Alarmsystem. Diese Aktivierungsreaktion ist stammesgeschichtlich alt und sorgt dafür, dass der Organismus alle seine zur Verfügung… …   Universal-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”